62 | BOLD INTERVIEW SPECIAL RYAN REYNOLDS Hollywood hat eine Regel: Einen Achtungserfolg hinzulegen ist nicht schwer, ihn zu wiederholen dagegen sehr. „Deadpool“ spielte bei einem vergleichsweise niedrigen Budget von 58 Millionen Dollar weltweit über 783 Millionen ein und ist bis dato der erfolgreichste Film aller Zeiten, mit einem „R“-Rating (Altersfreigabe ab 17 Jahren). Dazu war er für einen Golden Globe in den Kategorien „Bester Film“ und „Musical/Comedy“ nominiert – auch das ein Novum für eine Comicverfilmung. Entsprechend hoch sind nun die Erwartungen an den zweiten Teil. Herr Reynolds, wie sind Sie mit diesem Druck umgegangen? Ganz einfach. Ich habe die Messlatte genommen und sie noch ein bisschen höher angesetzt. Natürlich ist die Erwartungshaltung diesmal eine andere. Das Publikum ist bereits mit den Charakteren vertraut, der Überraschungseffekt ist weg. Wir hatten bereits mit den Vorbereitungen zum zweiten Teil begonnen, noch bevor der erste in die Kinos gekommen war. Diesmal hatten wir weniger Zeit zur Vorbereitung. Also mussten wir uns überlegen, wie wir es trotzdem schaffen, einen unterhaltsamen Film hinzubekommen, der die Erwartungen nicht nur trifft, sondern übertrifft. Ich glaube, dass uns das sehr gut gelungen ist, auch weil sich niemand auf den Lorbeeren ausgeruht hat. Die Grundrezeptur ist noch immer die gleiche, nur haben wir diesmal eine andere Gewürzmischung verwendet. (lacht) Für den 2. Teil von „Deadpool“ dürfte Ihnen das Studio ein paar Dollar mehr bewilligt haben. Denken Sie! Ein Hollywood-Studio wird dich niemals fragen: „Hey, wie viele Millionen Dollar hättest du gerne? Hier ist der Scheck! So läuft das nicht, im Gegenteil: Sie wollen eine Kalkulation vorgelegt bekommen, und die halbieren sie dann. Not macht ja erfinderisch, und wir haben auch diesmal das Beste aus den Mitteln gemacht, die wir zur Verfügung hatten. Mehr Geld ist ja auch kein Garant für einen besseren Film. Unser Plan war es von Anfang, uns auch im zweiten Teil auf die wesentlichen Dinge zu beschränken. Die Dreharbeiten wurden vom Drama um Stuntfrau Joi „SJ“ Harris überschattet, die während einer Motorradszene in Vancouver tödlich verunglückte. Worte können nicht beschreiben, wie ich und der Rest des Teams sich wegen dieser Tragödie gefühlt hat – und nach wie vor fühlt. Bei Stunt-Leuten besteht immer ein Risiko, dass etwas passieren kann. Und trotzdem hat uns die Nachricht von Jois Tod schwer getroffen. Wir waren es Jois Einsatz und ihrem großem Opfer schuldig, noch ein paar Prozent mehr Leistung abzurufen. Der Film ist auch ihr gewidmet. Sie waren schon immer besessen von der Figur des „Deadpool“. Elf Jahre hat es gedauert, bis Sie ein Studio von Ihrer Idee überzeugen konnten und den Film nach Ihren Vorstellungen drehen durften. Kosten Sie den Triumpf und den Kult, der wegen des Films auch über die Comics hinaus entstanden ist, dadurch umso mehr aus? Worauf Sie sich verlassen können! Ich wusste, dass „Deadpool“ seine Fans finden würde. Aber dass er so erfolgreich werden würde, davon hätte ich nicht zu träumen gewagt. Ich kann mich noch an das Gefühl erinnern, als man uns die Zuschauerzahlen nach dem ersten Wochenende mitteilte. Ich hatte am ganzen Körper Gänsehaut und dachte mir: Woah, was passiert hier gerade? Natürlich war das eine große Anerkennung, erst recht, wenn man bedenkt, dass uns das Studio über die Jahre hinweg und unter verschiedener Leitung immer wieder mitteilte, wir sollten uns mit „Deadpool“ zum Teufel scheren. Sie haben neulich laut über einen Crossover-Film mit den „Avengers“ nachgedacht. Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, dass es zu dem von Fans herbeigesehnten Zusammentreffen von „Deadpool“ und „Iron Man“ kommen wird? Wenn es nach mir ginge, könnten wir gleich im nächsten Jahr mit den Dreharbeiten zu einem „Deadpool meets Avengers“ beginnen. Ein verbaler Schlagabtausch zwischen den beiden Herren hört sich nach Spaß an. Man kann sich wohl vorstellen, wie viel Scheiße die beiden labern würden. (lacht) Allerdings bräuchte der Film ein R-Rating, um wirk-
RYAN REYNOLDS BOLD INTERVIEW SPECIAL | 63 lich zu funktionieren und der Fröhlichkeit ihren freien Lauf zu lassen. Ich glaube nicht, dass die Produzenten dieses Risiko bei einem Film mit einem 200 Millionen Dollar Budget eingehen werden. Es war Ihnen ein Anliegen, der Brutalität, den Sex-Szenen und den derben Sprüchen der Comic-Vorlage auch im Film einen Platz einzuräumen. Viele Fans hatten die Befürchtung, dass „Deadpool 2“ weitaus familienfreundlicher ausfallen könnte, um ein größeres Publikum anzusprechen. Können Sie Entwarnung geben? Oh ja, das kann ich. Solange ich „Deadpool“ verkörpere, wird jeder Teil ein Grillfest groß angelegter Arschtritte, das niemand hungrig verlassen wird. Das kann ich versprechen. Allein die Wahl des Antagonisten ist ein klares Bekenntnis zur gewohnten Gangart. Cable, grandios verkörpert von Josh Brolin, ist ein genauso fieser Bastard wie Deadpool. Ein Aufeinandertreffen ist nun mal nichts für Kids. Außerdem würde ein glatt gebügelter Deadpool niemandem gerecht werden. Seine Gewalttätigkeit und dieses Sprüche-Stakkato unterhalb der Gürtellinie sind Teil seiner DNA. Auch Ihrer DNA? Es gibt nicht wenige Menschen in Ihrem Umfeld, die sagen, Sie bräuchten Deadpool gar nicht zu spielen, Sie sind es. (lacht) Nun, Deadpool ist in gewisser Weise mein Alter Ego, welches ich an- und ausschalten kann. Deadpool flucht wie ein Kesselflicker. Passen Sie auf, was Sie in Gegenwart Ihren Töchter sagen? Natürlich. Deadpool wäre es übrigens egal. Sein Kind würde wahrscheinlich als erstes Wort „Fuck“ sagen. (lacht) Ihre älteste Tochter James ist vier. Wie reagiert sie, wenn Daddy im Deadpool- Kostüm herumläuft? Als sie mich zum ersten Mal mit den aufgeschminkten Narben am Set sah, hat sie geweint. Sie erkannte zwar meine Stimme, aber ich sah aus wie ein frittierter Penis. Wie sehr haben Ihre Töchter Ihr Leben verändert? Ich mache jetzt genau die Dinge, über die ich vor noch gar nicht allzu langer Zeit die Augen gerollt habe. Ich halte jedem Handy-Bilder von James und Ines unter die Nase – ob er will oder nicht. Ich bin nur noch am Knipsen – schlimm. Und man wird als Eltern zu den unglaublichsten Dingen gezwungen. Zum Beispiel? Neulich musste ich bei Ines eine Windel wechseln. Die hat so erbärmlich gestunken, wir hatten schon befürchtet, dass wir in eine andere Stadt ziehen müssen (lacht). Aber mal im Ernst: Ich liebe die tollen und die harten Dinge, die man als Papa eines Babys bewerkstelligen muss. Was bringt Sie zum Lachen? Wenn Leute verletzlich sind und genau darin ihren Humor finden. Wenn sie Dinge, die einem selbst peinlich sind, überspitzt präsentieren. Mein Jugendidol Chevy Chase oder auch Bill Murray waren Meister darin. Sie werden dieses Jahr 42 ... … und mir wird Angst und Bange. Vor James Geburt war mir Älterwerden egal. Doch seither zieht das Leben fast im Zeitraffer an mir vorbei. Man blinzelt, und schon feiert sie ihren ersten Geburtstag. Ich würde sehr gern dabei sein, wenn sie zu einer tollen Frau heranwächst. Doch mehr als 45 Jahre werde ich nicht mehr haben. Oh Mann, plötzlich fühlt man sich sterblich. Sie mussten für „Deadpool 2“ wieder ein sehr spezielles Trainingsprogramm durchlaufen, um in Form zu kommen, auch weil die Rolle viel Körpereinsatz erfordert. Steckt man einen 16- Stunden-Tag mit vielen Action-Szenen mit 41 noch so locker weg wie mit 21? Also, wer das behauptet, der lügt. Es ist nicht mehr witzig, wenn man mit 41 bei Actionszenen auf dem Betonboden landet. Es tut richtig weh. Ich musste härter denn je trainieren, um für die Rolle fit zu sein und mich nicht zu verletzen. Auch die Regenerationsphase ist länger als mit Anfang zwanzig. Ich verbringe heute mehr Zeit im Massageraum als beim Gewichtheben.
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