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BOLD THE MAGAZINE No.09

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FASZINATION AUF DEN SPUREN EINES PHÄNOMENS | SYDNEY IM LICHT DER KUNST | SPORTFREUNDE STILLER | KLEOPATRA: EWIGE DIVA | VIETNAM: HINTER DEM WOLKENPASS | AY CARAMBA: TO LUST FOR CARS

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Die letzten Seiten | Stammtisch hinter Gittern BOLD THE MAGAZINE | 101 Stammtisch hinter Gittern ein Experiment Autorin: N. Saadi „Die Knastgruppe“, das ist eine Art Stammtisch im Gefängnis: Jurastudenten aus Mainz besuchen einmal die Woche U-Häftlinge der JVA Rohrbach. Vom ungewöhnlichen Projekt profitieren beide Seiten: Der Gefangene findet Beistand und eine Brücke nach draußen, die angehenden Juristen schulen sich im Umgang mit einer ungewöhnlichen Zielgruppe. Grau ist alle Theorie, wusste schon der alte Goethe. Grau ist auch der Abendhimmel über der Justizvollzugsanstalt Rohrbach. Die etwa einen Kilometer lange Mauer umfasst ein Areal von 74.000 Quadratmetern, ungefähr so groß wie sieben Fußballfelder. Montagabend. Vier Studentinnen grüßen die Pförtner an der Anmeldung der JVA. Nacheinander schieben sie ihre Personalausweise in die Verbindungsschublade, die Abgabe ist Pflicht. Sie tragen Jeans oder Stoffhosen, Anoraks und Sneaker. Kajal und Lidstrich betonen ihre jungen Gesichtszüge. Munter schwatzend öffnen sie die schwere Glastür und betreten den großen Vorraum der Einrichtung. Am Detektor vorbei, verstauen sie ihre Taschen und Jacken in den Schließfächern. Fast ist es, als wäre man am Flughafen. Ein Vollzugsbeamter begrüßt die Gruppe und drückt der rothaarigen Jane* ein Funkgerät in die Hand. Routiniert befestigt sie es am Hosenbund ihrer Jeans. „Wenn du den roten Knopf drückst oder in die Vertikale gehst, wird Alarm ausgelöst“, erklärt die Studentin und fügt hinzu. „Das ist nur für den Notfall.“ Den Notfall gab es noch nie, seit die Initiative, die sich kurz und knackig „Knastgruppe“ nennt, 1985 zum ersten Mal ehrenamtlich Häftlinge in U-Haft besuchte. Gründer war der Rechtswissenschaftler Professor Alexander Böhm. Nach dessen Emeritierung setzte Lehrstuhl-Nachfolger Professor Bock das Projekt der Mainzer Uni fort. Derzeit besteht die Gruppe aus zehn Mitgliedern und arbeitet in der JVA Rohrbach. „Ich war lange auf der Warteliste für die Knastgruppe. Heute bin ich zum ersten Mal hier“, erzählt Anna*. Die 23-Jährige ist im fünften Semester und steht kurz vor dem ersten Staatsexamen. „Das Jura- Studium ist sehr theoretisch“, sagt sie. „Ich finde es wichtig, auch mal mit den Häftlingen zu sprechen, sie als Menschen wahrzunehmen.“ Der Beamte führt die Gruppe den Gang entlang und schließt die erste Tür auf. Willkommen im Knast! Ein langer Gang führt immer geradeaus. Dicke Gitterstäbe säumen die Fensterfronten. Kastige Deckenlampen beleuchten den sauberen Linoleumboden. Es riecht nach Putzmittel – und irgendwie nach Krankenhaus. Die Gruppe läuft quer über den dunklen Gefängnishof. Dann wieder Schlösser, Gänge, Schlösser, Gänge ... Es ist kalt. Links führt eine Treppe nach unten. „Das sind die Gruppenräume. In ihrer Freizeit können die Gefangenen hier zusammensitzen oder fernsehen. Außerhalb der Zelle ist den Häftlingen eine Stunde Gruppenzeit am Tag erlaubt“, erklärt der Beamte. Kennst Du den Salvatore? „TV-Raum“ steht auf einem Schild. Gläserne Wände geben die Sicht frei. An einem eckigen Tisch sitzt ein junger Mann, große blaue Augen, die Haare raspelkurz. Seine an den Ärmeln hochgezogene Sportjacke gibt großflächige Tattoos frei. Werbung flimmert im

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