44 | BOLD THE MAGAZINE TRAVEL | BANGKOK Der Tag in Bangkok beginnt auf der ausladenden Terrasse des Mandarin Oriental Hotels. Seit drei Jahrzehnten reise ich mehr oder weniger regelmäßig nach Thailand, alleine, mit meiner Frau, mit Freunden, Kollegen, geschäftlich und privat. Bangkok, um das gleich vorweg zu nehmen, ist für mich eine der faszinierendsten Städte der Welt und das Oriental eines der besten Fünf-Sterne-Häuser auf diesem Planeten. Das älteste Grand Hotel Südostasiens, immer wieder wegen seines legendären Services als beste Luxusherberge Asiens, wenn nicht der Welt, gerühmt, steht am Ufer des Chao Praya, der Lebensader der Stadt. Die Qualität des Services mag zeitweise hier und da etwas nachgelassen haben, wie einige Kritiker munkeln – mir ist keine nennenswerte Unaufmerksamkeit aufgefallen. Na ja, ein Haus von diesem Ruf wird von manchen eben sehr streng unter die Lupe genommen. Die Außenarchitektur der beiden Gebäude ist nichtssagend. Ein Beweis dafür, dass Hotelfassaden keine herausragende Rolle spielen müssen bei der Bewertung eines Spitzenhauses. Auch dass der Blick vom schönen, großen Pool auf den Fluss durch einen kleinen Flachbau für Kühlschränke und Gerätschaften versperrt ist, erscheint dem ein oder anderen Gast vielleicht unverständlich, auch mir. Immerhin ist der Blick von den sogenannten Bali-Betten am schmalen und flachen Nachbarpool, in dem Kinder planschen und der vom Hauptbecken durch Büsche und Bäume getrennt ist, auf den Chao Praya unverstellt, und von der großen Terrasse sowieso. Ich stelle mir am reichhaltigen Buffet mein Frühstück zusammen, während der Kellner frisch gebrühten Kaffee serviert. Ein Obstteller aus Ananas, Papaya mit Limette, Drachen- und Passionsfrucht, eine Nudelsuppe mit Hühnchenstreifen, grünem Blattgemüse, fein gehacktem roten und grünen Chili, ein Spritzer Sojasauce und ein frisch gepresster Orangensaft. Vor zwei Stunden war ich von Frankfurt kommend am Suvarnabhumi Airport mit Thai Airways gelandet und sitze nun an einem Tisch mit weißer Decke, schwerem Silberbesteck und einer lilafarbenen Lotusblüte in einer gläsernen Wasserschale. Mein linker Arm ruht auf dem Geländer der Terrasse, gegen deren Unterbau das graue Wasser schwappt, auf dem ein Pflanzenteppich und Unrat treiben. Flussauf und Flussabwärts herrscht reger Verkehr. Kleine Fähren verbinden die Ufer miteinander, laut knatternde Longtailboote schießen aus den Klongs, dem labyrinthähnlichen Kanalsystem, am gegenüberliegenden Ufer heraus, Schiffsverbünde aus großen Lastenkähnen treiben schwerfällig dahin, und lange Schnellboote fahren vorbei, an Bord Schüler in Uniformen, Mönche in safranfarbenen Roben, Geschäftsleute und Beamte in weißem Hemd und schwarzer Hose, das Handy am Ohr, Frauen und Männer auf dem Weg zur Arbeit, Touristen auf der Jagd nach Sehenswürdigkeiten. Nur die Zahl der Kräne scheint derzeit die Zahl der Tempel zu übersteigen, der großen und der vielen kleinen, die in keinem Reiseführer zu finden sind. An den Ufern des Flusses entstehen Shoppingmalls und luxuriöse Private Residence Apartmenthäuser internationaler Hotel- gruppen, neue Ausgehzentren mit Bars und Restaurants. Bangkok ist mit mehr als acht Millionen Einwohnern – wie viele Menschen genau in der Stadt leben, weiß niemand – politisches, wirtschaftliches, kulturelles und religiöses Zentrum des Landes. Die bedeutendsten und schönsten Paläste, Tempel und buddhistischen Klöster des Landes stehen an den Ufern des Chao Praya. Rund 20 Minuten dauert die Fahrt mit einem der großen Wassertaxis von der Anlegestelle des Oriental zum heiligen Komplex des Grand Palace und dem Wat Phra Kaew. Die schönste und größte Tempelanlage mit dem Smaragd-Buddha ist das spirituelle Zentrum des thailändischen Buddhismus. Die ehemalige Königsresidenz schließt sich an den Tempel nahtlos an. Es ist ein sakraler Ort gelebter Religiosität. Mönche rezitieren die heiligen Schriften, Gläubige entzünden Räucherstäbchen und sind versunken in stille Gebete. Ringsherum schiebt sich ein Jahr für Jahr immer stärker anschwellender Besucherstrom durch den heiligen Bezirk. Einen kurzen Spaziergang entfernt befindet sich der Wat Pho mit der großen, liegenden Buddha-Skulptur, die, ganz mit Gold überzogen, den Übergang Buddhas zum Nirvana symbolisiert. Der Tempel ist gleichzeitig eine bedeutende Bildungseinrichtung, zu der auch Massageschulen zählen. Hier zog vor vielen Jahren eine alte Frau mit ihren strahlenden Augen meine Aufmerksamkeit auf sich. In einem stickigen Raum, in dem die Ventilatoren unter der Decke die heiße Luft quirlten, aber keine Kühlung zu
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