46 | BOLD THE MAGAZINE TRAVEL | KARIBIK Preisverhandlungen. Es geht zu wie auf einem Basar. Ein Segel-Törn mit der Sea Cloud ist auch ein kulinarisches Ereignis, sieht man von kleinen Ausreißern ab, die aber insgesamt nicht ins Gewicht fallen. Wer sich auf eine stilvolle Zeitreise begeben und nachempfinden möchte, wie es sich Frau Post und ihre feine Gesellschaft auf der größten Privatyacht aller Zeiten haben gut gehen lassen, der kann heute eine der acht originalgetreu eingerichteten und ausgestatteten Kabinen buchen. Die Gäste dieser Suiten auf unserer Fahrt sind so freundlich, den übrigen Passagieren an einem Nachmittag einen Einblick in diese Räume zu gewähren. Und schon damals war die Crew ungefähr so stark wie heute. Auf jeden Passagier kommt etwa ein Besatzungsmitglied. Auf unserer Fahrt ist die Sea Cloud knapp ausgebucht. Zwei allein reisende Frauen sind an Bord, sonst Eheleute ab Mitte fünfzig aufwärts. Unternehmer, Juristen, die meisten Passagiere sind Akademiker und kommen aus Deutschland und der Schweiz. Es spricht sich natürlich in einer so überschaubaren Gruppe schnell herum, dass ein Reporter an Bord ist. Ein Passagier fragt mich etwas besorgt, ob er sich denn wiederfinden würde in meiner Reportage, worauf ich antworte, er müsse sich keine Gedanken machen, ich würde seinen wohlverdienten Urlaub nicht trüben durch irgendwelche Indiskretionen, die Gäste seien nicht mein Thema. Irgendwie erleichtert trinkt er fortan gerne ein Glas Wein mit mir. Ich gebe ihm noch den Tipp, er möge doch mal das Buch von David Foster Wallace: „Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“, lesen. Wallace beschreibt brüllend komisch eine Luxuskreuzfahrt in der Karibik auf einem Ozeanriesen und nimmt auch den ein oder anderen Reisegenossen aufs Korn. Unsere Kreuzfahrt dauert zehn Tage. Wir lernen vor allem die Grenadinen wie Tobago, Grenada und Bequia kennen, die zu den Kleinen Antillen zählen. Die Inselkette umfasst etwa zwei Dutzend Hauptinseln, die mit ihren vielen teilweise unbewohnten Nebeninseln einen Bogen beschreibt, der vorwiegend in Nord-Süd-Richtung verläuft. Er reicht von den kleinen Eilanden der Jungferninseln im Norden bis hin zu Trinidad vor der Küste Venezuelas im Süden, von Barbados im Osten bis Aruba im Westen. Die Fahrt während der ersten Nacht ist unruhig. Es herrscht kein Sturm, aber wohl starker Wellengang. Einige Passagiere lassen sich nach dieser Nacht erst am Abend blicken. Dann ist das Meer drei Tage später tagsüber nochmal so bewegt, dass eine geplante Katamarantour ausfällt. Ansonsten gleitet die Sea Cloud bei wolkenlosem Himmel sanft auf den Wellen dahin. Kaum jemand verbringt tagsüber Zeit in seiner Kabine. Für jeden Gast ist ein Liegestuhl da, und wenn kein Landausflug auf dem Programm steht, döst man zwischen den Mahlzeiten in der Sonne oder liest ein Buch und hört sich die sehr guten Vorträge eines Lektors an, der über die Karibik informiert, über die einzelnen Inseln, die wir ansteuern, über Bevölkerung, Geschichte, Politik und Wirtschaft und die Piraterie im 17. und frühen 18. Jahrhundert. Am ersten Morgen versammeln sich die Gäste auf dem Lidodeck, um den Seeleuten zuzuschauen, wie sie hoch ins Rigg aufsteigen und die Segel per Hand setzen. Wann immer die Windverhältnisse es erlauben, fährt die Sea Cloud unter Segeln. Das Schiff zeichne sich durch eine ruhige Fahrweise aus und habe hervorragende See-Eigenschaften, sagt Kapitän Sergey Komakin aus der Ukraine. Bei weniger als sechs Meter Tiefgang, aber über 55 Meter Mastenhöhe, wirkten die riesigen Hebelarme bei gesetzten Segeln wie Stabilisatoren, wodurch die Schiffsbewegungen stark gedämpft würden. Bald darauf erreichen wir die Man-O-War Bay von Tobago, der kleinen Schwesterinsel von Trinidad. Tobago sei ungefährlicher als Trinidad, wo Gewalt ein großes Problem sei, sagt Hotelchef Simon, der seit mehr als 30 Jahren auf der Sea Cloud arbeitet. In diese kleine, geschützte Bucht fährt kein großes Kreuzfahrtschiff. Wir lassen uns am späten Nachmittag mit einem Tender übersetzen und erkunden den kleinen Ort Charlotteville. Eingeschossige Wohnhäuser, eine Kneipe mit Veranda, ein Fischmarkt, ein kleiner Laden mit Getränken, Obst und Gemüse, Fischern, Rastas und drei Hippies. Ein verträumtes karibisches Nest. Am nächsten Morgen fahren wir wieder in den Ort. Eine Gruppe macht eine Fahrt mit einem Glasbodenboot über Korallenriffe. Ich schließe mich der anderen Gruppe an, die etwa eine Stunde durch einen Regenwald zu einem dreistufigen Wasserfall wandert, wo wir ein erfrischendes Bad nehmen. Danach geht es zurück aufs Schiff, wo schon das Mittagsbuffet auf die Gäste wartet. Nachmittags gibt es Kuchen, Eis oder Waffeln. Und nach dem Abendessen um 22:30 Uhr einen kleinen Imbiss für die, die schon
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