72 // BOLD THE MAGAZINE IM GESPRÄCH / MILES NURNBERGER „In der Schule habe ich immer Autos in meine Schreibhefte gemalt. Normalerweise bekam man diese umsonst, aber meine Lehrer ließen mich nach einer Weile dafür zahlen, da in den Heften immer wesentlich mehr Autoskizzen als Lernmaterial zu finden war. Für mich war das nie ein Problem, denn dadurch war es mein Heft, und jetzt konnte man es mir nicht mehr verbieten.“ Zum Start der Formel 1 Rennsaison 2019 sitzen wir im Waldorf Astoria Amsterdam gemeinsam mit Miles Nurnberger und sprechen über seine Passion für Automobile, sein Leben und seinen Job als Design-Direktor der legendären britischen Auto- Marke Aston Martin. Mittlerweile ist der sympathische Brite in seinem 11. Jahr bei Aston Martin und seit zwei Jahren für das Design der Marke verantwortlich. Er kam 2008, während des großen Banken- Crashs, nach Gaydon in der englischen Grafschaft Warwickshire, wo das Stammwerk von Aston Martin steht. Über die Jahre formte er ein 110 Mitarbeiter starkes Team begeisterter Designer und legte den Grundstein für die derzeitige Entwicklung der Marke, die sich ein ehrgeiziges Ziel setzte: 7 neue Fahrzeuge in 7 Jahren herauszubringen. sich um Automobile dreht. Selbst meine Frau arbeitet für Aston Martin, insofern ist Design, nebst unserem Sohn, auch nach Feierabend immer ein Thema bei uns. Was prägt die Ästhetik zwischen Geschwindigkeit und Komfort? Hier geht es vor allem um das Gefühl. Wir haben, gemessen an einer Manufaktur unserer Größe, ein ansehnliches Farb- und Material-Team. Denn hier geht es vor allem um das Material. Letztendlich versuchen wir ein Gefühl des Staunens zu erschaffen. Der Fahrer, zum Beispiel, soll in einer Linie hinter dem Lenkrad sitzen und so viel wie möglich Ablenkung vermeiden. Gepaart mit einem guten Fahrgefühl und Spaß beim Fahren. Das Armaturenbrett ist sehr aufgeräumt, alle Kontrollfunktionen sind um den Fahrer positioniert, die Lüftungen sind in einer vereinheitlichen Linie integriert, die durch den kompletten Innenraum führt. Wir versuchen zu minimalisieren, um soviel wie möglich Betonung auf das Fahrerlebnis zu erzielen. Woraus schöpfen Sie Ihre Inspiration, und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Ihrer Frau? sich in der Geschichte von Aston Martin bis hin zum DB2 umsieht, findet man viel kreative Abwechslung. Kurzum: Mit meinem Team versuche ich auch weiterhin, neue Geschichten zu schreiben. Was möchten Sie sehen, wenn Sie einen Aston Martin betrachten? Letztendlich wollen wir Charaktere kreieren. Eine Familie. Man betrachtet sie und erkennt die Geschichte dahinter. Wie entstehen Ihre Designs in 2019, mit dem Computer oder per Hand? Immer per Hand. Nicht zuletzt, weil das wesentlich schneller geht. Es ist der natürlichste Weg, um zu der Form zu gelangen, welche man in seinem Kopf sieht. Wir nutzen Computer, um effizient und schnell zu sein, aber nicht zum designen per se. Man erlebt die Welt mit seinen Fingern und Augen. Technik kommt immer nach der Idee. Was bedeutet die Formel 1 für das Design von Aston Martin, lässt sie – mit all ihren Vorschriften – noch Raum für Kreativität? Herr Nurnberger, Sie haben kreative Eltern, eine Frau, die auch Designerin ist, und leben für Autos, bis hin zu Ihrem Vornamen – man könnte meinen: Ihr Weg war vorbestimmt! Absolut. Es stand im Grunde nie in Frage, das ich ein Leben führen werde, welches Meine Frau arbeitet seit 20 Jahren mit mir zusammen, und wir haben uns seit der Universität kritisch mit dem Thema Design auseinandergesetzt. Wir sind ein gutes Team und kennen den Anderen sehr gut. Meine Inspiration hat immer auch mit dem Respekt für die Vergangenheit zu tun, ist romantisch, aber nicht Retro. Wenn man Es sind immer die Vorschriften, die gegen die Kreativität treiben, aber auch viel Neues entstehen lassen. Genau hier ist der Punkt, an dem die Magie passiert. Man denkt immer, dass weniger Vorschriften für Automobile existieren als für Rennwagen – dies entspricht aber nicht der Wahrheit. Beide Bereiche sind durch Regeln bestimmt, und
IM GESPRÄCH / MILES NURNBERGER BOLD THE MAGAZINE // 73 das ist auch gut so. Sie machen mir aber nach 30 Jahren im Geschäft keine Kopfschmerzen mehr, sondern sorgen einfach nur für einen anderen Geschmack. Was war Ihr erstes Fahrzeug? Und hatten Sie bereits damals das Gefühl, etwas daran verändern zu wollen? Wow. Mein erstes Fahrzeug war äußerst glamourös. Ein Fiat Punto (lacht). Als Automobildesigner tendiert man dazu, etwas besessen und zwanghaft zu sein. Es ist immer schwer, etwas mit reinem Auge anzusehen. Man geht extrem schnell ins Detail und verbindet es mit den Erfahrungen und Kenntnissen über vorhandene Regularien. Dieses professionelle Verständnis hatte ich damals noch nicht. Mein Fokus war mehr auf die Zukunft gerichtet, als auf das Hier und Jetzt. Die Unternehmensgeschichte von Aston Martin beginnt 1913. Die Gründer Lionel Martin (1878–1945) und Robert Bamford (1883–1942) hatten im Januar 1913 unter dem Namen Bamford & Martin Ltd. an der Callow Street im Westen Londons einen kleinen Handel mit Fahrzeugen der Marke Singer begonnen. Mit diesen Wagen nahm Lionel Martin an verschiedenen Rennen teil, beschloss dann jedoch, selbst bessere und renntauglichere Fahrzeuge herzustellen. Nachdem Lionel Martin im Mai 1914 auf einem von ihm getunten Singer 10 h.p. das Aston- Hill-Climb Bergrennen gewonnen hatte, entstand die Idee für den Namen einer eigenen Fahrzeugkonstruktion: Aston- Martin. Noch im selben Jahr erschien in der Fachpresse ein Artikel über das Vorhaben Bamford & Martin‘s, unter dem Markennamen Aston-Martin (damals noch mit Bindestrich) eigene Automobile zu fertigen. Heute blickt das Unternehmen auf eine 60-jährige Tradition in der Formel 1 zurück. Erstmals mit dem DBR4 gingen 1959 bei den großen Preisen von Großbritannien und Portugal immerhin zwei sechste Plätze auf das Konto des Teams, das damals noch unter der Bezeichnung David Brown Corporation antrat. David Brown ist im Übrigen auch Namensgeber der bis heute weltbekannten DB Serie, die in Filmreihen wie „007 James Bond“ Legendenstatus erhielt. Danach wurde es ruhig um das Team. Seit 2016 ist Aston Martin Sponsor des österreichischen Rennstalls Red Bull Racing. Aus der Partnerschaft beider Unternehmen entsprang bereits der hybride Supersportwagen Aston Martin Valkyrie. Den Namen Aston Martin Red Bull Racing trägt das Team seit der Rennsaison 2018. Nicht zuletzt durch die Netflix-Serie „Formula 1 Drive to Survive“ bekam alle Welt einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen des Motorsports, der weltweit so viele Menschen begeistert. Aston Martin spielt auch hier eine führende Rolle. Der aktuelle niederländische Team-Fahrer Max Verstappen gilt als der Goldene Junge der Formel 1 und bringt das knapp 900 Mann starke Team unter der Leitung von Christian Horner in ein neues Jahrzehnt. Seit der aktuellen Rennsaison 2019 ist auch Teamkollege Pierre Gasly mit von der Partie – und so wird mit zwei Anfang zwanzigjährigen Rennprofis ein souveräner Blick in die Zukunft ermöglicht. Die lange Zusammenarbeit mit dem Motorenhersteller Renault wurde im laufenden Jahr beendet. Aktuell Fahren die beiden Herren mit Maschinen des japanischen Herstellers Honda. Rennfahrer Max Verstappen schaute nach unserem Interview mit Miles Nurnberger ebenfalls kurz in Amsterdam vorbei und machte einen äußerst konzentrierten Eindruck, denn zu diesem Zeitpunkt befand er sich bereits in der mentalen Vorbereitung auf den Beginn der neuen Saison. 2019 ist auch das Jahr, in dem Aston Martin erstmals in der DTM vertreten ist. Hier sollen mittelfristig vier Rennwagen positioniert werden. Neben den Supersportwagen auf öffentlichen Straßen, spiel also auch immer mehr das Thema Rennstrecke eine zentrale Rolle für den Britischen Traditionshersteller – oder sollte man sagen: wieder? BOLD bleibt dran und wird sich dem Thema auch künftig widmen, um über diese spannenden Entwicklungsprozesse zu berichten. WEITERE INFORMATIONEN: www.astonmartin.com
LIFESTYLE // FASHION // DESIGN // M
4 // BOLD THE MAGAZINE INHALT CONTE
EINSTIEG / INSPIRATION BOLD THE MAG
INTERVIEW / ANTONIO BANDERAS BOLD T
Fotos: Studiocanal Filmverleih
TONY BUDDENBROOK FASHION AUTOR: T.
Overall: Patrick Hellmann
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