48 // BOLD THE MAGAZINE DESIGN / INTERVIEW Abfallprodukten aus dem Denim-Recyclingprozess stammt; und ein strukturiertes Strickmaterial für die Sitze, das recycelten Kunststoff enthält. Das digitale Cockpit des EX30 ist puristisch: Wortwörtlich im Mittelpunkt steht ein 12,3-Zoll-Bildschirm im Zentrum der Armaturentafel, der Fahrinformationen wie Geschwindigkeit und Batterieladestand prominent im oberen Bereich anordnet; Navigation, Medien und Bedienelemente befinden sich gut sichtbar darunter. Das Infotainmentsystem ist, sofern verfügbar, mit 5G ausgestattet und durch die Snapdragon Cockpit Plattform von Qualcomm Technologies äußerst reaktionsschnell. Integrierte Google Funktionen wie Google Assistant, Google Maps und Google Play sowie das kabellose Apple CarPlay sorgen für ein zeitgemäßes Benutzererlebnis. Dass dies immer wichtiger wird und neben den Faktoren Sicherheit, Funktionalität und Nachhaltigkeit die Zukunft des Automobilbaus mitbestimmt, hat Volvo längst erkannt – und mit Jeremy Offer als neuem Global Head of Design einen Visionär gefunden, für den einmalige Nutzererlebnisse und Design ganz eng beieinander liegen. Sein Vorgänger, Robin Page, wird als Senior Advisor weiterhin unterstützend tätig sein. Jeremy Offer leitete zuletzt als Senior Vice President und Chief Design Officer das Designteam von Arrival: In dieser Position war er unter anderem für Fahrzeugprogramme, Komponenten, Marken und Nutzererlebnis zuständig. Zuvor war er als Leiter für Industriedesign und Teil des Senior Management Teams beim globalen Beratungsunternehmen EPAM beschäftigt, wo er Service und Industriedesign in die breitere Beratungspraxis integrierte. Im Laufe seiner Karriere hat der gebürtige Brite bereits zahlreiche Designauszeichnungen erhalten. Mr. Offer, wie waren Ihre ersten 30 Tage als neuer Chefdesigner von Volvo Cars? (lacht) Dieser erste Monat war tatsächlich sehr intensiv. Ich habe eine Menge unglaublich toller Menschen kennengelernt und bin bereits nach China geflogen, um das neue Design-Center von Volvo dort zu eröffnen. Das war eine großartige Erfahrung. Zusammenfassend kann man sagen: In den ersten 30 Tagen dreht sich fast alles ums Kennenlernen, von den Auf- und Vorgaben über Kollegen bis hin zu Zukunftsvisionen. Mir ist es vor allem wichtig, mein Team das machen zu lassen, was sie können, ihnen die Sicherheit zu geben, dass ich hinter ihnen stehe und sie zu motivieren, weiter zu gehen, noch ein bisschen, und noch ein bisschen – um so großartige Fahrzeuge zu kreieren wie den EX30. Als Sie den EX30 zum ersten Mal gesehen haben, wie war das? Mein erstes Gefühl war tatsächlich Erleichterung, ganz ehrlich, auch darüber, auf dem richtigen Weg zu sein. Ich konnte ja im Vorfeld nicht sicher wissen, was auf mich zukommt. Aber das Fahrzeug dann zu sehen, war eine wirklich bemerkenswerte Erfahrung. Diese Formensprache des Exterior Designs, die Sicherheit und Seriosität vermittelt, dabei aber trotzdem frisch und modern daherkommt, verpackt als kleinstes SUV, das Volvo je produziert hat – das hat mich außerordentlich beeindruckt. Was meinen Sie, was gewinnt Volvo durch Ihre Mitarbeit? Mein Profil unterscheidet sich etwas von dem der meisten Menschen in dieser Position. Ich schätze, meine Ausbildung ist nicht zu hundert Prozent automobilbezogen. Ich habe etwa 25 Jahre lang in Beratungsunternehmen gearbeitet, die letzten sieben Jahre in einem Start-up-Unternehmen der Automobilindustrie. Insofern ist mein Lebenslauf ziemlich einzigartig, aber ich denke, er ist sehr relevant für die Richtung, in die sich die Automobilindustrie bewegt. Bei Fahrzeugen geht es nicht mehr nur um den Motor, sondern um das Kerncomputing, die Software, die Benutzerfreundlichkeit und das Fahrerlebnis. So ist es auch beim Autodesign, es geht mehr und mehr um das Benutzererlebnis, um eine Erweiterung des digitalen Lebensstils, der nahtlos funktionieren muss, wenn man in sein Auto einsteigt. Und um dieses Benutzererlebnis zu erreichen, ist eine ganzheitliche Vorstellung erforderlich, etwas, das wir in den Designteams, die ich früher geleitet habe, immer befür-
DESIGN / INTERVIEW BOLD THE MAGAZINE // 49 wortet haben. Anders gesagt: Wir brauchen menschenzentriertes Design, das ist für mich auf jeden Fall richtungsweisend für die neue elektrische Zukunft, die wir anstreben. Können Sie das noch ein bisschen näher erläutern? In den letzten Jahren haben mehr und mehr mechanische Alltagsgegenstände, zusätzlich zu ihrer normalen Funktion, auch noch digitale Aufgaben bekommen, mussten plötzlich quasi als digitale Schnittstelle agieren. Das hat natürlich auch das Design beeinflusst. So ist es ebenfalls in der Automobilindustrie. Wir sehen, dass das Auto zu einem physischen Portal für vernetzte Software und Dienste wird. Daher ist es für Nutzer von entscheidender Bedeutung, den Fluss ihres digitalen Lebens sicherzustellen, also eine nahtlose Integration mit der Technologie vorzuhalten, wenn sie beispielsweise von zu Hause zur Arbeit in ihr Auto wechseln. Das meine ich mit „menschenzentriertem Design“. Welche gestalterischen Überlegungen müssen Sie bei einem kleinen Fahrzeug anstellen? Nun, es geht um die Maximierung der Funktionalität. Beim Fahrzeugdesign geht es nicht mehr um Styling, nicht mehr darum, wie die Autos aussehen. Es geht darum, wie sie funktionieren. Und daraus ergibt sich dann die Schönheit. Der EX30 fühlt sich im Innenraum wie ein größeres Fahrzeug an, weil er auf einer rein elektrischen Plattform gebaut wurde. Dadurch sind Getriebe und Getriebetunnel nicht mehr nötig. Somit kann man, sobald man den Innenraum entrümpelt und die Funktion in den Vordergrund stellt, den Eindruck eines viel größeren Fahrzeugs erwecken. Es spricht also viel für die Kombination ‚kleineres Fahrzeug auf vollelektrischer Plattform. Einige Hersteller haben den Frontbereich ihrer Fahrzeuge verkleinert, aber der des EX30 ist immer noch ziemlich groß. Das liegt daran, dass viele der Sicherheitsstrukturen, wie der Aufprallschutz, unbedingt noch vorhanden sein müssen. Bei vollelektrischen Autos gibt es keinen Motor mehr. Allerdings dient dieser in einem herkömmlichen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor als eine unglaubliche Knautschzone, die die Insassen schützt. Wenn man ihn also entfernt, kann man Fahrer und Beifahrer nicht einfach weiter nach vorne rücken und so mehr Platz schaffen, sondern muss einen Menge Crash-Migrations-Systeme einbauen. Ich denke, dass wir mit der nächsten Generation vollelektronischer Autos beginnen werden, neue Sicherheitsmerkmale, neue Mechanismen und neue Materialien zu entwickeln, die es uns ermöglichen, die Kabine etwas weiter nach vorne zu verlagern. Wohin entwickelt sich Automobil- Design? Was sehen Sie, sagen wir,
Laden...
Laden...
Laden...
© BOLD THE MAGAZINE: www.bold-magazine.eu | BOLD THE MAGAZINE ist eine Publikation des Verlages: neutrales GRAU Agentur für Kommunikation & Verlagsgesellschaft UG (haftungsbeschränkt): www.neutralesgrau.de | HR NR: 121 118 B | UMST ID: DE 815 10 18 78 | Am Pankepark 48 | 10115 Berlin | Telefon: 030 40 00 56 68 | Geschäftsführung: Mike Kuhlmey
Follow Us
Facebook
Google+
Xing
Youtube
Pinterest