78 | BOLD THE MAGAZINE REISE | INDIEN elektrisches Licht, worüber längst nicht jedes Dorf verfügt, die einzig sichtbaren Attribute der Moderne. Bis unmittelbar ans große Tor des Palastes von Samode reichen die bescheidenen Wohnhäuser, Werkstätten und Geschäfte des Dorfs. Affen, allgegenwärtig in Indien, springen umher, Ziegen und Kühe trotten auf den kopfsteingepflasterten Gassen. Aus Küchen duftet es nach scharfen Curry-Gerichten. Mittelalterlich anmutende Zünfte: Zuckerbäcker rühren in einem riesigen Wok auf offenem Feuer Milch mit Zucker, bis eine süße, körnige Masse entsteht, und Schmiede hämmern glühendes Eisen. Frauen balancieren auf ihren Köpfen Tonkrüge mit Wasser aus einem Brunnen. Ein Hindu-Priester läutet die Glocke in einem Tempel. Kaum ein Auto ist zu sehen. Die erste Bank des Dorfs hat erst vor kurzem geöffnet. Indien ist das Land der Dörfer. Im relativ dünn besiedelten Rajasthan lebt nur ein Viertel der Bevölkerung in Städten. So verwunschen und verträumt die Dörfer scheinen, so überwältigend und berauschend sind die Städte. Wie Jaipur, das wegen der Farbe seiner Häuser, Paläste und Stadttore als rosarote Stadt bezeichnet wird. Oder Jodphur, wo blau getünschte Häuser bis an die hohen Mauern der Festung Meherangarh heranreichen. Verkehrschaos in diesen Städten von morgens bis abends. Die Straßen sind voll von unentwegt hupenden Bussen und Lkw, Autoscootern und Fahrradrikschas, von schwer beladenen Karren, die teils von Kamelen, teils aber auch von Menschen gezogen werden. Dazwischen immer wieder Elefanten mit ihren Mahuts. In Jaipurs Gassen rund um den märchenhaften, aus rosafarbenem Sandstein erbauten Palast der Winde bersten kleine Läden von Kunsthandwerk wie Silberschmuck und Lederwaren sowie funkelnden Halb- und Edelsteinen aus den Nähten. Zentrum der in Rajasthan berühmten Miniaturmalerei, die häufig historische Szenen aus dem Alltag eines Maharadschapalasts oder Schlachten zeigen, ist hingegen Udaipur. Die Stadt ist umgeben von ockerfarbenen Hügeln und liegt an mehreren Seen. Am Ostufer des Pichola- Sees erhebt sich der strahlend weiße City Palace. Er ist der größte Palast Rajasthans mit einer fast 250 Meter langen Fassade und einer Höhe von mehr als 30 Metern. Die Altstadt mit zahlreichen Tempeln und reich ornamentierten Havelis, ehemalige Handelshäuser, duckt sich vor ihm. Der Bau wurde von Maharadscha Udai Singh II., dem Gründer der Stadt, begonnen. Sieben Bögen erinnern daran, dass hier siebenmal Maharadschas in Gold und Silber aufgewogen wurden. Der Schatz wurde dann an die jubelnde, gemeinhin unter der Verschwendungssucht der Fürsten leidenden, Bevölkerung verteilt. Nachfahren dieses Herrschergeschlechts treffen wir hier in dieser von Touristen stark besuchten Anlage nicht an. Dafür haben wir mehr Glück in Kanota nahe Jaipur. Dort bitten der Maharadscha und seine Frau gleich zum Nachmittagstee. Mehrere Gäste, die meisten Verwandte, sind da. Gebäck und Obst wird gereicht. Der Gast fühlt sich aufgenommen in diese schlossähnliche Anlage mit ihren Rundbögen und Türmchen inmitten eines von einer Mauer umgebenen Parks mit Pferden und Pfauen. Ein sehenswertes Museum erzählt die Familiengeschichte. Schwarz-Weiß-Fotos dokumentieren nicht nur die Jagd auf Tiger, sondern auch die politische Macht, über welche die Fürsten einst verfügten. „Macht besitzen wir heute nicht mehr“, sagt der Maharadscha und ergänzt: „Wir verfügen aber als Geschäftsleute über Kontakte und Beziehungen und unterstützen soziale Projekte.“ In Dungarpur bittet uns ein Hotelmitarbeiter mehrfach freundlich aber doch bestimmt, wir sollten doch in die Bar des Udai Bilas Palastes gehen. Dabei sind wir noch ganz gefangen von der geheimnisvollen Atmosphäre, die das verwitterte Mauerwerk und erstklassig erhaltene Fresken verströmen. Schließlich führt er uns am See entlang zu einem Trakt mit einem großen, schweren Holztor. Als er es öffnet, strahlt uns eine in gleißendes Licht getauchte Oldtimer-Sammlung aus zehn Autos und zwei Flugzeugen an. Dahinter die Bar mit Tischen aus Lenkrädern, Autositzen mit rotem Leder bezogen und Scheinwerfern als Deckenleuchten. Eine Schwarz-Weiß-Fotografie zeigt die frühere Hausherrin als Braut in einem Oldtimer der Marke Cobra. Ihr Sohn, der Maharawal von Dungarpur, begrüßt seine Gäste und bestellt drei Gin Tonic. Stolz zeigt er seine Autos,
REISE | INDIEN BOLD THE MAGAZINE | 79 Stadtrundfahrt mit Elefant: „No Problem in India“
BOLD TRAVEL SPECIAL | ONLY FOR TABL
INHALT BOLD THE MAGAZINE | 7 THINK
10 | BOLD THE MAGAZINE REISE | COLO
Go anywhere, do anything: Konstruie
REISE | COLORADO OFFROAD BOLD THE M
18 | BOLD THE MAGAZINE REISE | COLO
Die legendären Offroad-Fähigkeite
24 | BOLD THE MAGAZINE MODE | FULL
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